|
Palästina
- Israel
home
|
PalisD |
Olivenernte in
Palästina
Teil
2
(EinTeil der Bilder kann durch
Mausklick in größerer Form aufgerufen werden)
Begleitschutz
und Helfer
Unsere
Aufgabe
war definitionsgemäß, in erster Linie bei
irgendwelchen Vorfällen
präsent zu sein und Gefahren oder Eskalationen nach
Möglichkeit
abzuwenden. Mit der Zeit merkten wir, daß die jeweilige
Situation
schwer einzuschätzen war. Der überwiegende Teil der
Siedler wohnt in
den Palästinensergebieten wohl überwiegend aus
wirtschaftlichen Gründen
und kümmert sich kaum um die Palästinenser.
Unangenehm können offenbar
die Sicherheitskräfte werden und in einigen Gegenden sind
einzelne
Siedlergruppen ausgesprochen gefährlich. Während
unseres Aufenthalts
kam es zum Todesfall eines sechzehnjährigen
Olivenpflückers durch
Siedler. Dazu wird unten noch berichtet. Einer unserer Bauern war vier
Tage vor unserem Einsatz bei einem Siedlerüberfall sein
Maultier
losgeworden. Um solche Diebstähle kümmert sich
anscheinend niemand.
Ariel-Security
neben
dem Olivenhain unseres Bauern.
Der Bauer war drei Wochen zuvor mit Gummigeschossen beschossen worden.
Gelegentlich
hatten wir auch den Eindruck, eher Hilfskräfte zu sein. Das
hatte wohl
u.U. damit zu tun, daß es die Zeit des Ramadan war und es
für viele
Menschen schwierig war, einen ganzen Tag ohne Trinken und Essen im Feld
auszuhalten. Hinzu kam wohl auch, daß die
Olivenpflückerei sich
für die Bauern nicht rechnet, denn weil sie ihre Produkte kaum
absetzen
können, sind die zu erzielenden Preise nicht kostendeckend.
Manchmal
ist es
wichtig, daß die Helfer in großer Zahl aufkreuzen,
weil das Militär den
Zugang bzw. den Schutz nur für wenige Tage genehmigt und die
Haine
schnell abgeerntet werden müssen.
Auch
hier
merkte
man mit der Zeit, wenn die Bauern einfach dankbar für unsere
Hilfe
waren und sich bemühten, uns das Leben so angenehm wie
möglich zu
machen, uns auch in ihre Häuser einluden, was wir aber aus
verschiedenen Gründen abschlagen mußten. Als extrem
empfanden wir
meinen zweiten Einsatztag, an dem der Bauer ganz ohne jemanden aus
seiner vielköpfigen Familie nur mit uns loszog. An diesem Tag
lief es
auch an anderen Einsatzstellen etwas merkwürdig, was dazu
führte, daß
die Gruppe abends Stoff für zwei Stunden Diskussion
über das weitere
Vorgehen hatte.
Gegen
Ende
unserer Zeit beendeten wir auch schon mal unsere Hilfe ziemlich abrupt
vorzeitig, wenn z.B. einzelne männliche Familienmitglieder
sich zu
einer längeren Ruhepause niederließen,
während die teilweise
schwangeren Frauen sich ringsherum mit den Leitern abschleppten.
An
drei
Tagen
fuhren wir mit den 'Rabbis
for
Human Rights' mit, die
anscheinend
täglich mit einem oder zwei etwa 25 Leute fassenden Bussen mit
israelischen Aktivisten von
Jerusalem oder von Tel Aviv aus zur Ernte fuhren. Zumindest an zwei
dieser Tage bestand hier wohl echte Gefahr. Wir wurden aber an all
diesen Tagen durch israelische Polizei oder Militär begleitet,
die uns
teilweise keine Sekunde aus den Augen ließen.
|
Ausschnitt
aus einer
UN-OCHA-Karte des Bezirks Salfit. Dieser Ausschnitt schließt
westlich
an den
oben (in Teil 1) wiedergegebenen
Ausschnitt an. Zwischen Masha und Az Zawiya führt eine
Schotterstraße
unter der vierspurigen Siedlerstraße Nr. 5 hindurch. Nach
Fertigstellung der Sperranlagen/Mauer wird dies der einzige Zugang
für
die südlich gelegenen Ortschaften sein.
Az
Zawiya
Nach
den ersten
vier Tagen in Salfit fuhren wir nach Az Zawiya. Wir
verließen Salfit in westlicher Richtung, vorbei an einem
Abwasserbach,
in dem die ungeklärten Abwässer von Ariel durch des
Tal in westlicher
Richtung ablaufen. Ein schmaler Grünstreifen, an dem
Kühe weideten.
Hansruedi
interessierte sich später für die
Abwasserproblematik, insbesondere wer
bei wem Abwässer einleitet. Es scheint relativ einfach zu
sein: Es
gibt im ganzen
Westjordanland keine Kläranlagen (s. dazu C.
Messerschmid).
Die Israelis bauen keine und die Palästinenser dürfen
keine bauen,
selbst
wenn ihnen jemand das Geld spendiert. Wir kamen wenig später
an einer
aufgegebenen Baustelle vorbei, die mit deutschen Geldern finanziert
worden wäre. Da die Palästinenser stellenweise mit
weniger als 20% des
Wassers auskommen müssen, das den Israelis zur
Verfügung steht, sind
die palästinensischen Abwässer entsprechend
höher konzentriert.
Auf
dieser Fahrt
kamen wir an der für mich ersten, dreifach gestaffelten
Straßensperre
vorbei, bei der die Fahrt zu Ende war und durch die wir unser
Gepäck
mühsam hindurchschleppen mußten.
Blick
zurück
von der Hauptstraße über
mehrere Erdwälle auf die Straße nach Salfit
In Az
Zawiya
waren wir im weiträumigen
Untergeschoß eines ziemlich neuen Gebäudes
untergebracht. Die
Wohnung hatte einen großen modernen
Küchenraum und im übrigen
Matratzenlager in den Schlafräumen, eine normale Toilette und
zwei
Duschmöglichkeiten mit warmem Wasser. Das Haus
gehörte einem
kinderlosen Ehepaar. Er arbeitete in einem israelischen Industriepark,
der zu Ariel gehört und sie war Lehrerin. Dadurch
waren sie
wahrscheinlich wirtschaftlich
vergleichsweise gut gestellt. Sie sprach
sehr gut
englisch und war eine
ungewöhnlich wache und
politisch interessierte Person. Außerdem konnte sie
offensichtlich auch
sehr gut
kochen. Sie versorgten uns einmal mit dem Abendessen und brachten uns
immer wieder mal was. Normalerweise
bereiteten wir unsere
Mahlzeiten
selbst, alles fleischlos, aber immer sehr schmackhaft mit den jeweils
gerade erhältlichen Gemüsen, Salaten und
Früchten.
Das
Haus
war am Rande des Ortes gelegen. Am ersten Abend stand etliche Minuten
direkt neben dem Haus ein Militärjeep mit blinkendem
Gelblicht. Er fuhr
dann mit aufgeblendetem Suchscheinwerfer in den Ort hinein, begleitet
von gellenden Beschimpfungen der Kinder, die auf ihn gewartet haben
müssen.
Einen Abend fuhr uns der Wirt an der Nord-West-Ecke des Ortes zu der
Stelle, wo der geplante Verlauf der Mauer sich dem Ort bis auf etwa 50
m nähert. Die Israelis hatten im Frühjahr damit
begonnen, die
Schneise zu schlagen, d.h. die Olivenbäume abzusägen
und herauszureißen
und das Gelände einzuebnen. Es kam zu massiven Protesten
der Bevölkerung, die durch israelische und internationale
Aktivisten unterstützt wurden. Wohl beeinflußt durch
die Einschaltung
des Internationalen Gerichtshofs gegen den Verlauf der Mauer wurde die
Rodung abgebrochen und der geplante Verlauf der Mauer
geändert.
Im
Oktober bot sich uns immer noch der Anblick einer Geisterlandschaft,
aus der Stümpfe von vollständig kahlen
Olivenbäumen herausragten. Die
Bauern hatten diese Bäume wieder eingepflanzt, und
es besteht
offenbar Aussicht, daß sie wieder anwachsen.
Für unsere Einsätze mußten wir morgens
immer mit dem lokalen Sammeltaxi
zur Straßensperre bei Qarawat fahren und von dort aus in den
verschiedenen Richtungen mit einem orangefarbenen Taxi weiter.
Öffentlicher
Verkehr
Umladen von
Türen an der Straßensperre Qarawat. Auf der
Höhe ringsherum Siedlungen.
Die Art
wie in der Exklave, zu der Az Zawiya gehörte, und auf den
Siedlerstraßen der öffentliche Verkehr der
Palästinenser abgewickelt
wurde, hatte
durchaus was Überraschendes. Man konnte sich morgens um 6 Uhr
auf die
Dorfstraße stellen und es dauerte selten länger als
einige Minuten, bis
man von einem Sammeltaxi zur Straßensperre nach Qarawat
gefahren
wurde. Das kostete umgerechnet ca. € 0,50. Von dort, wo es
meist auch
sofort weiterging, kostete es z.B. nach Haris noch einmal €
0,35. Das
erscheint billig, ist es aber für die einheimische
Bevölkerung nicht.
Unsere Wirtin erzählte, daß man früher mit
dem Bus für 5 Schekel (ca. €
1) nach Nablus fahren konnte. Jetzt muß man zweimal das Taxi
wechseln
und kommt auf 15 Schekel, d.h. auf das Dreifache - mal abgesehen davon,
daß man am Ende unseres Aufenthaltes weder nach Nablus hinein
noch
heraus kam,
weil von der Besatzung gerade eine mehrtägige Sperre
verhängt worden
war.
In der Exklave waren die Taxis in eher dürftigem Zustand,
einmal fehlte
ein
Seitenfenster. An zwei Tagen fuhren wir morgens zum Tanken, wobei
für
20 Schekel (ca. € 4) 6,5 Liter Diesel getankt wurde. Die
Taxifahrer
leben vermutlich von der Hand in den Mund. |
Die
Mauer
Ich
nahm die
ersten zwei Tage von Az Zawiya aus frei für etwas Tourismus in
Israel,
wodurch ich z.B. die Mauern des völlig eingemauerten Ortes
Qualquilya
und die von Tulkarem, beide nahe der grünen Grenze, von
außen sehen
konnte. Es führt eine Autobahn vorbei. Ein Teil der Gruppe
fotografierte etwa zur gleichen Zeit die Innenseite, deren Ansicht
bekannt und berüchtigt ist.

Erstes Bild: Die Mauer
bei
Qualquilya auf israelischer Seite
Zweites Bild: Die
gleiche Mauer
von der
anderen Seite
Drittes Bild: Die
auf
israelischer
Seite kaum sichtbare Mauer bei Tulkarem
Jit
Ich
kam von
Jerusalem aus mit dem Bus der 'Rabbis for Human Rights' zurück
und wir
fuhren
nach Jit, das an der Straße liegt, die bei Haris nach Norden
führt. Für
mich war die Fahrt natürlich eine willkommene Gelegenheit,
auch mal mit
Israelis zu sprechen, wenngleich natürlich klar war,
daß es sich hier
um eine Auswahl handelte, deren politische Grundeinstellung von der
unserigen
wenig verschieden war.
Außenposten
bei Jit
 Bei
Jit liegt ein
kleiner Außenposten mit
Container-Behausungen, von dem aus offensichtlich Probleme zu erwarten
waren. Deshalb stellten sich oberhalb der Bäume zwei
Polizeiautos auf,
deren Anwesenheit wohl dazu führte, daß ein sich aus
der Richtung der
Siedlung nähernder Jeep auf halbem Wege umdrehte. Der
abzuerntende
Olivenhain war nicht sehr groß, so daß wir bald
fertig waren und
zu einem näher am Dorf gelegenen Hain wechselten. Im Dorf
warteten eine
Anzahl von Frauen und Kinder auf uns, die uns Helfer mit
Getränken versorgten.
Unter
den Frauen
eine ungewöhnlich hübsche 39-jährige Mutter
von 12
Kindern und angehende Großmutter mit ihrem jüngsten
Nachwuchs auf dem
Arm.
Der Hain, in dem wir am Nachmittag pflückten, war
offensichtlich nicht
problematisch.
Qedumin
Am
nächsten Tag
ging es ebenfalls mit der von den Rabbis organisierten
Gruppe der Israelis direkt in die Siedlung Qedumin. Wie ich
später
zufällig aus einem Gush
Shalom-Schreiben erfuhr, ist Quedumin die
älteste  Siedlung
im Westjordanland überhaupt und wurde
bezeichnenderweise vom Friedensnobelpreisträger Shimon Perez
gegründet.
Anfangs fuhren auch hier einige Polizeiautos auf, die aber bald
verschwanden. Das Pflücken verlief ohne Störungen.
Gelegentlich fuhren
Autos vorbei, auch Spaziergänger kamen vorüber. Einen
dieser
Spaziergänger muß die Situation wohl doch etwas
irritiert haben, denn
er fing laut zu singen an.
Der Bauer durfte mit seinem Traktor nicht in die Siedlung hineinfahren.
Deshalb mußte er seinen Esel mitbringen, um mit diesem die
Oliven zum
Eingang zu schaffen. Immerhin ist dadurch ein schönes
Erinnerungsbild
mit dem Bauern und
mit Robert aus unserer Gruppe entstanden.
Kurz vor Ende gab es etwas Unruhe. Eine ältere
Palästinenserin hatte
den ganzen Tag ganz alleine
nahe dem Eingang ihre Oliven geerntet und war dort wohl
ständig von
vorbeikommenden Leuten belästigt worden. Irgendwann wurde es
ihr
zuviel, und sie kam sehr
aufgeregt zu uns
herüber
gelaufen, um Hilfe zu holen. Wir waren aber schon kurz vor dem Aufbruch.
nach oben
zurück zu Teil 1
weiter mit Teil 3
|